Wie entstehen Sturmfluten?
Schon häufig war die deutsche Nordseeküste von schweren Sturmfluten betroffen und in den vergangenen Jahrhunderten kamen dabei oft Tausende Menschen ums Leben. Im Laufe der Jahrhunderte lernten die Menschen, sich durch Deiche zu schützen, die allerdings nicht immer hielten und ständig erhöht werden mussten. Warnungen vor Sturmfluten sind daher auch heute sehr wichtig, um die Menschen und ihr Hab und Gut vor den Fluten retten zu können.
Was ist eine Sturmflut?
Unter einer Sturmflut versteht man an der Nordsee durch Sturm deutlich erhöhte Wasserstände. Läuft das Hochwasser 1,50 bis 2,50 Meter höher auf als das mittlere Hochwasser, spricht man von einer leichten Sturmflut. Zwischen 2,50 und 3,50 Meter über dem mittleren Hochwasser handelt es sich um eine schwere und ab 3,50 Meter um eine sehr schwere Sturmflut. An der Ostseeküste gibt es dagegen keine echten Sturmfluten, sondern „nur“ Sturmhochwasser, die aber genauso gefährlich sein können.
Abb. 2: Skizze zur Entstehung von Ebbe und Flut
Ebbe und Flut
Damit es Sturmfluten geben kann, muss überhaupt eine Tide vorhanden sein, also ein deutlicher Unterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasser. Dieser kommt vor allem durch die Anziehungskraft des Mondes zustande, der sich um die Erde dreht und auf der dem Mond zugewandten Seite einen Flutberg entstehen lässt. Zwei Mal pro Tag stellt sich Hochwasser ein, dazwischen Niedrigwasser. Die Zeiten von Ebbe und Flut verschieben sich jeden Tag um etwa 50 Minuten wegen der unterschiedlichen Bahnen von Erde und Mond. Bei Neumond wirken die Anziehungskräfte von Sonne und Mond zusammen und das Hochwasser fällt stärker aus. Man spricht von einer so genannten Springtide oder Springflut. In der Nordsee ist dieser Effekt etwa zwei bis drei Tage nach Neumond besonders stark. So lange braucht der Flutberg, bis er in das Nebenmeer Nordsee vorgedrungen ist.
Abb. 3: Sturmtief über Dänemark – Der Wind dreht auf der Rückseite von westlichen Richtungen auf Nordwest bis Nord.
Entstehung von Sturmfluten
Damit eine Sturmflut entsteht, müssen zahlreiche Faktoren zusammenkommen. Ein Tief zieht vom Atlantik oder aus dem Raum Island kommend nach Skandinavien. An der Südseite des Tiefs wehrt westlicher, auf der Rückseite im Idealfall nordwestlicher Wind. Bei ausreichender Andauer des Sturms zu passender Zeit wird das Wasser gegen die Küsten gedrückt und läuft entsprechend höher auf. Die unterschiedlichen Mondphasen können zusätzlich mehrere Dezimeter ausmachen. Auch eine so genannte Fernwelle kann eine Sturmflut noch erhöhen. Sie entsteht, wenn sich ein weit entferntes Sturm- oder Orkantief auswirkt.
Abb. 4: Tetrapoden aus Beton schützen einige Küstenabschnitte
Schutz vor Sturmfluten
Bereits im 16. und 17. Jahrhundert machten sich die Nordseeanwohner Gedanken über den Sturmflutschutz. Nach und nach wurden Deiche gebaut, die immer wieder erhöht werden mussten. Im 20. Jahrhundert wurden einige Flüsse wie Eider und Stör mit Sperrwerken abgeschottet, um die Überschwemmung der Einzugsgebiete durch Sturmfluten zu verhindern. Vor allem in der Elbe kann das Wasser aber durch die Abschottung der Nebenflüsse noch höher auflaufen. An einigen gefährdeten Küstenabschnitten schützen Tetrapoden aus Beton die Küste
Abb. 5: Warntafel an einer Hafenzufahrt in Cuxhaven
Warnungen vor Sturmfluten
Für die gesamte deutsche Küste an Nord- und Ostsee gibt das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg in Zusammenarbeit mit dem direkt benachbarten Seewetteramt Warnungen vor Sturmfluten heraus. In Niedersachsen existiert zusätzlich der Warndienst des Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Einzelne Städte haben außerdem einen eigenen Sturmflutwarndienst ins Leben gerufen.
Historische Sturmfluten an der Nordsee und in Hamburg
Abb. 6: Deichbruch in Hamburg am 16./17.02.1962
Die schlimmste Sturmflut der vergangenen 100 Jahre war die Flut im Februar 1962, bei der in Hamburg zahlreiche Deichbrüche auftraten und mehrere Stadtteile großflächig überschwemmt wurden. Mehr als 300 Menschen kamen damals ums Leben. In den Jahrhunderten davor gab es aber an der deutschen Nordseeküste weitaus schlimmere Sturmfluten:
Ostseesturmfluten
Auch an der Ostsee ist gelegentlich mit deutlich erhöhten Wasserständen zu rechnen. Da hier die Tide kaum vorhanden ist, kann man genau genommen nicht von Sturmfluten sprechen. Durchgesetzt hat sich der Begriff „Sturmhochwasser“. Eine allgemein gültige Definition für Hochwasser gibt es an der Ostsee nicht, meist spricht man bei Wasserständen ab 1,00 Meter über Normalnull von einem leichten Sturmhochwasser, ab 1,50 von einem schweren und bei mehr als 2,00 Meter von einem sehr schweren Sturmhochwasser. Solche Wasserstände kommen nur selten vor. Allerdings gab es am 13.11.1872 ein schweres Hochwasser mit Wasserständen von verbreitet 3,00 bis 3,50 Meter über normal, stellenweise sogar noch darüber. Damals kamen Hunderte Menschen ums Leben, ganze Orte wurden zerstört und mehr als 600 Schiffe fielen dem Sturm zum Opfer. An vielen Stellen erinnern noch heute Flutmarken an das verheerende Hochwasser.
Abb. 7: Flutmarken in Lübeck-Travemünde, oben rechts von 1872, links von 1625
Da die Ostsee ein fast abgeschlossenes Binnenmeer ist, weist sie eine Besonderheit auf, den „Badewanneneffekt“. Wird das Wasser durch starken Wind aus einem Teil der Ostsee in einen anderen gedrückt, kann es bei plötzlichem Nachlassen des Windes rasch zurückschwappen und so zu erhöhten Wasserständen führen. Auch dadurch gab es schon Überflutungen in Hafenstädten, also eine Art Sturmhochwasser ohne Sturm. Kommt zu diesem Effekt auf der Rückseite eines Tiefs noch Sturm aus Nordost bis Nord hinzu, kann das Wasser noch deutlich höher auflaufen.
Klimawandel und Sturmfluten
Bisher ist umstritten, wie sich die Sturmaktivität im Bereich von Nord- und Ostsee mit zunehmender Klimaerwärmung verhält. Einige Klimaforscher erwarten in Zukunft mehr und stärkere Stürme, während andere abnehmende Temperaturgegensätze zwischen den Tropen und der Arktis und damit weniger Stürme prognostizieren. Der bereits stattfindende Meeresspiegelanstieg lässt aber selbst bei schwächerer Sturmaktivität in Zukunft noch höhere Wasserstände befürchten.
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