Viertniedrigste Meereisausdehnung in der Arktis seit 1979
Das arktische Meereis erreichte sein jährliches Minimum in diesem Jahr am 11. September. Das Eis schmolz auf eine Ausdehnung von 4,41 Millionen Quadratkilometern zusammen. Das ist die viertgeringste Ausdehnung, die jemals mit Satelliten beobachtet wurde. Es bekräftigt den Abwärtstrend des arktischen Meereises, der seit nun mehr 9 Jahren beobachtet wird. Seit 1979 misst das NSIDC (National Snow and Ice Data Center) mithilfe von Satelliten die Meereisausdehnung.
Die Ausdehnung des Meereises in der Arktis und Antarktis folgt einem Jahresgang. Das Eis wächst und dehnt sich in den Wintermonaten aus, im Sommer schmilzt es. Da sich jedoch Wasser nicht so schnell erwärmt wie Luft, die Wassertemperatur des Meeres also der Temperatur der Atmosphäre hinterher hinkt, wird das Minimum des Meereises nicht im Hochsommer, sondern erst im Spätsommer erreicht (als langjähriges Mittel 1981-2010 gilt der 15.September). Gleiches gilt für das Maximum der Ausdehnung. Dieses tritt für gewöhnlich im Spätwinter auf (Klimamittel 1981-2010: 12. März).
Das Minimum 2015 im Vergleich mit anderen Jahren
Die folgende Abbildung zeigt, dass das diesjährige Minimum nicht nur deutlich unter dem 1981-2010-Mittel liegt, sondern auch sehr nah an den Plätzen 3 (Jahr 2011) und 2 (Jahr 2007). Das Rekordminimum aus dem Jahr 2012 (aufgetreten am 17.09.2012) liegt bei 3,29 Millionen Quadratkilometern.
Nach Angaben des NSIDC sind die bisherigen 9 niedrigsten Meereisausdehnungen alle in den letzten 9 Jahren aufgetreten. Experten gehen mittlerweile davon aus, dass es sich um einen neuen Normalzustand handelt. Denn dieses Jahr war klimatologisch kein besonderes Jahr für die Arktis. Lediglich im Juli gab es eine kurze Warmphase, ansonsten ist es nicht außergewöhnlich warm gewesen. Es gab auch keinerlei Stürme oder starke Meeresströmungen, die dafür hätten sorgen können, dass altes Meereis abbricht und schmilzt.
Wieso 2015 trotzdem so viel Eis verloren hat, ist derzeit noch nicht völlig geklärt. Durch Forschungen weiß man mittlerweile, dass besonders niedrige Meereisausdehnungen im Zusammenhang mit stabilen Hochdrucklagen über der zentralen Arktis im Sommer stehen. Ein Hochdruckgebiet sorgt in der Regel für sonniges und relativ warmes Wetter in der Arktis, welches die Eisschmelze begünstigt. Der diesjährige Sommer war in der Tat über der zentralen Arktis und Grönland von hohem Luftdruck und eher überdurchschnittlich, wenn auch nicht außergewöhnlich warmen Temperaturen geprägt.
Durch das Hoch über Grönland (Hochs drehen sich auf der Nordhalbkugel im Uhrzeigersinn) strömten Winde von Norden direkt durch die Framstraße, die zwischen Grönland und Spitzbergen verläuft. Durch diese Winde konnte Eis aus der Arktis nach Süden raus in die Grönlandsee verfrachtet werden. Der Wind nahm sozusagen das Eis mit.
Welche Rolle der hohe Luftdruck über der zentralen Arktis spielte, ist noch nicht ganz klar. Experten wollen nicht ausschließen, dass das starke El Nińo Ereignis in diesem Jahr ebenfalls eine Rolle bei der arktischen Eisschmelze spielen könnte.