Unwetter im Mittelmeerraum – Was ist ein „Medicane“?
Wie wir in den vergangenen Tagen schon berichtet hatten, beginnt im September, mit Höhepunkt oft im Oktober die „Unwettersaison“ rund um das Mittelmeer. In dieser Woche gelangt der Mittelmeerraum von der Iberischen Halbinsel her erneut unter Tiefdruckeinfluss und in der Höhe strömt kühlere Luft über das sehr warme Wasser. Damit ist viel Energie vorhanden für kräftige Gewitter und intensive Regenfälle. Aber keine Angst, es werden bei weitem nicht alle Regionen betroffen sein.
Während am Dienstag vor allem der Norden von Algerien und Tunesien betroffen ist, verlagert sich der Schwerpunkt am Mittwoch und Donnerstag ostwärts. Zunächst nach Süditalien und anschließend weiter nach Albanien und Nordwestgriechenland. Dabei kann es neben intensiven Regenfällen zu schweren Sturmböen kommen. Gewiss gibt es noch einige Unsicherheiten, die in unserer Vorhersage XL sowohl am Niederschlag, als auch an den Windböen zu sehen sind. Schauen wir auf den Niederschlag für Syrakus (Sizilien), wo ein Modell sogar über 300 Liter Regen pro Quadratmeter rechnet. Aber auch die anderen Wettermodelle rechnen fast alle über 100 Liter/m². Zur aktuellen Vorhersage geht es hier lang.
Weiter östlich schauen wir uns den Ort Avliótes (Korfu) an, wo einzelne Wettermodelle schwere Sturmböen rechnen, eines sogar von Böen mit über 100 km/h ausgeht. Dies kann sich aber schnell wieder ändern und zur aktuellen Vorhersage geht es hier lang.
Was ist ein Medicane?
In diesem Zusammenhang ist es passend kurz sogenannte „Medicanes“ anzusprechen. Bei einer oben angesprochenen Unwetterlage bilden sich über dem warmen Mittelmeer große Gewittergebiete, die mit Luftdruckfall verbunden sind. So kann sich unter Umständen ein Zentrum tiefen Luftdruckdrucks, besser gesagt ein kleines Tiefdruckgebiet bilden und bekanntlich weht die Luft bei einem Tiefdruckgebiet entgegen dem Uhrzeigersinn um den Kern herum. Einfach gesagt: Diese großräumigen Gewittergebiete können in Rotation geraten und bei sehr starkem Luftdruckfall kann sich in Ausnahmefällen ein wolkenfreies Auge ausbilden. Da die Natur tiefen Luftdruck immer ausgleichen will, muss folglich im Umfeld des Tiefs mit Sturm gerechnet werden.
Dies alles kommt einigen vielleicht schon bekannt vor von tropischen Stürmen auf dem tropischen Atlantik oder Pazifik. Und richtig, genau hier wollen wir hin. Es gibt zwar meteorologisch gesehen deutliche und wichtige Unterschiede zu tropischen Stürmen (auf die ich hier jetzt nicht genau eingehe) aber z. B. einen Ähnlichkeit durch einen „warmer Kern“ des Tiefs. Am signifikantesten ist aber die Ähnlichkeit auf Satellitenbildern, also eine ähnliche Wolkenstruktur mit wolkenlosem Auge im Zentrum. Die Optik macht hier also vor allem die Musik.
In den 1980er Jahren wurden diese Tiefs dann „Medicanes“ getauft. Das Wort setzt sich zusammen aus medi(terran) und (Hurri)cane. Sie treten bevorzugt in den Herbstmonaten September und Oktober auf, wenn kühlere Luft in der Höhe über das aufgeheizte Mittelmeer weht. Eingestuft werden Medicans ähnliche wie Tropische Stürme:
– Mediterrane tropische Depression unter 63 km/h
– Mediterraner tropischer Sturm mit 64 bis 111 km/h
– Medicane oder mediterraner Hurrikan ab 112 km/h
Das Titelbild im Beitrag zeigt im Satellitenbild das Tiefdruckgebiet „Qendresa“, am 07. November 2014. Es war bis heute das letzte beobachtete Tief mit „Medicane-Tendenzen“.
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