Fazit: Sturm „Sabine“ versus „Victoria“
Wir haben aktuell seit rund 14 Tagen eine Westwind-Wetterlage. Eingebettet in den Jet-Stream (vom Atlantik her) sind wiederholt kleine Randtiefs/Sturmtiefs, die über Mitteleuropa/Deutschland ziehen. So gab es letzte Woche Sturm „Sabine“, gestern Sturm „Victoria“. Sabine war medial groß angekündigt, es gab bereits im Vorfeld großflächige Sperrungen von Schulen, Bahnstrecken und dergleichen. Victoria wurde derweil medial wenig gepusht – wir wollen hier einen Vergleich ziehen, welcher Sturm in welcher Region stärker war.
Was gesichert ist: Sturm Sabine hat größere Regionen Deutschlands betroffen, der Sturm ist einmal von Nordwest nach Südost übers ganze Land gezogen. Der jetzige Sturm vom Wochenende – Victoria – hat hingegen nur Teile von Nordwest- und Westdeutschlands betroffen. Auf dem Weg in Richtung Mittel- und Süddeutschland hat sich die Kaltfront von Tief „Victoria“ deutlich abgeschwächt, in diesen Regionen war vom Wind nichts zu spüren.
Hier die Windböen von Sturm „Sabine“ (9./10.2.2020):
… und hier die Windböen von Sturm „Victoria“ (16.2.2020):
13 bis 19 Uhr:
Wir sehen – Sabine war vor allem in der Mitte und im Süden des Landes deutlich stärker. Schauen wir aber z.B. auf NRW, dann sehen wir, dass der gestrige Sturm Victoria durchaus regional stärker ausgefallen ist als Sabine: Speziell im Eifel-Vorland, in Teilen des Münsterlandes sowie in Ostwestfalen ist Victoria stärker gewesen als Sabine.
Und die zügige Westwind-Wetterlage hält weiter an. Für das kommende Wochenende – in Richtung Karneval-Hochphase – zeichnet sich das nächste Sturm-Tief ab (beliebigen Ort/ihren Wunschort via Menü eingeben):
Diese Entwicklung ist aber vom momentanen Zeitpunkt aus noch nicht gesichert, wir halten Sie bei Kachelmannwetter via Facebook, Twitter, Wetterkanal und Instagram sowie über die Pflots-Apps auf dem Laufenden.
Der Bericht zu den Stürme ist interessant.
Im südlichen Münsterland/nördlichen Ruhrgebiet bzw. Kreis Unna/Hamm war das Orkantief Sabine vom 9/10. Februar 2020 deutlich stärker als Sturmtief Victoria.
Beim Sturm Sabine wurden in der Region verbreitet 11 Bft gemessen. Die Feuerwehr musste in Hamm beim Sturm Sabine knapp 100 Sturm-Einsätze abarbeiten, darunter ein abgedecktes Dach. Beim Sturmtief Victoria waren es lediglich nur 6 Sturm-Einsätze der Feuerwehr.
Beim Orkan Friederike vom 18. Januar 2018 musste die Feuerwehr in Hamm über 300 Sturm-Einsätzen fahren. Beim Orkan Kyrill waren es in Hamm ca. 450 Sturm-Einsätze!
Die Böen von Orkantief Sabine waren im Kreis Unna/Hamm ca. 10 bis 15 Km/h stärker als beim Sturmtief Victoria.
Zudem gab es beim Sturm Sabine ca. 24 Stunden Windstärke 8 bis 9 Bft, in Schauern/Gewittern bis 10 Bft.
Beim Sturmtief Victoria gab es ca. für 2 Stunden in einzelnen Böen 10 Bft und sonst am Sonntag-Abend für ca. 4 Stunden 8 bis 9 Bft.
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Trotzdem ist die Westlage seit Ende Januar stärker, als z.B. die Westlage im März 2019, wo damals durch Sturmtief (Bennet, Dragi/Eberhard)/Tornado (Südwest-NRW) ca. 1 Mrd. Euro Schaden verursacht wurden.
In NRW wurden durch Orkan Sabine über 7000 Einsätze der Feuerwehr gezählt und ca. 200.000 fm Sturmholz in den Wäldern.
Beim Orkan Friederike vom 18. Januar 2018 waren es über 20.000 Feuerwehr Einsätze und 2 bis 3 Mio. fm Sturmholz.
Der Orkan Kyrill verursachte ca. 15 Mio fm Sturmholz in NRW.
Die Orkantiefs Januar-März 1990 (Daria, Vivian/Wiebke) verursachten in NRW trotz höherer Windgeschwindigkeiten als bei Kyrill und Friederike, weniger Sturmholz als der Orkan Kyrill.
Insgesamt sind bei der Sturm-/Orkanserie 1990 in Deutschland ca. 60 bis 70 Mio fm Sturmholz gefallen, bei Kyrill 2007 ca. 37 Mio fm Sturmholz. Der Orkan Lothar vom 26. Dezember 1999 verursachte ca. 34 Mio fm Sturmholz in Süd-Deutschland, davon 29 Mio fm Sturmholz alleine in Baden-Württemberg.
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Die Sturmserie 1990 verursachte in Europa ca. 120 Mio fm Sturmholz, die Sturmserie im Dezember 1999 sogar knapp 200 Mio fm Sturmholz, davon 140 Mio fm Sturmholz durch Orkan Lothar in Frankreich. Bei Orkan Lothar gab es in der Region Paris teilweise 11 Bft (= Orkanartiger Sturm 103 bis 117 Km/h) im Wind-Mittel!
Die Böen erreichten über 170 km/h, einige Windmesser sollen sogar über 200 Km/h gemessen haben.
Der Orkan Lothar ist von der Stärke ähnlich wie der Orkan Quimburga vom 13. November 1972. Der Orkan Quimburga war aber etwas größer und hatte einen tieferen Luftdruck mit ca. 953 hpa in Norddeutschland und einen 3 h Luftdruck-Fall von 22 hpa, beim Orkan Lothar wurde ein Luftdruck von ca. 960 hpa erreicht, dafür ein Luftdruck-Fall von 27 hpa in 3 h.
Somit ist der Orkan Lothar der stärkste Orkan seit über 100 Jahren!
Vergleichbar mit Lothar und Quimburga ist der März Orkan von 1876.
In der Geschichte der Stürme finden sich noch heftigere Stürme als Lothar, Anatol, Daria, Vivian/Wiebke oder Quimburga.
„Night of the Big Wind“ vom 6/7. Januar 1839 in Irland soll 918 hpa erreicht haben mit Böen über 250 Km/h verursachte der Orkan unvorstellbare Schäden, selbst Tiere wie Schafe sollen von Dünen in Dörfer geweht worden sein und Gras wurde mit Wurzel aus dem Boden gerissen.
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So auch der „Große Sturm von 1703“ der in ganz West-/Mitteleuropa katastrophale Schäden hinterließ, es wurden ganze Eichen-Wälder entwurzelt, Klima-/Sturmforscher wie Hubert Lamb gehen von Böen bis 270 Km/h aus! Dazu gab es viele Gewitter und Tornados!
Der Orkan Lothar wird von einigen Sturmforschern als harmlos im Vergleich zu dem „Großen Sturm von 1703“ angesehen!
Auch in der heutigen Zeit können solche extremen Stürme wie 1839 oder 1703 über Europa ziehen!
Danke für die ausführliche Ergänzung!
Ich kann mich noch daran erinnern, dass bei Lothar die 0815 Wetterstation meines Vaters anfing, Alarm zu schlagen und keiner von uns wusste, warum die jetzt plötzlich schrill piepte. Schliesslich war Lothar bei uns am Niederrhein nur ein laues Lüftchen. Aber es war wahrscheinlich der rapide Luftdruckunterschied oder?!
Für die Wirkung im Wald kommt es wohl nicht nur auf die Böen-Spitzenwerte an, sondern auch auf die Häufigkeit und die Dauer der Böen. Zur Abschätzung der Wirkung müsste man also ein Integral bilden.
Im Königsforst, einem großen Waldgebiet östlich von Köln, Höhenlage 55 m (im Westen) bis 200 m (nach Osten hin), wurden zwar Bäume entwurzelt und vereinzelt ist der Stamm gebrochen, allerdings insgesamt sichtlich weniger als im März 2019. Und die beiden Stürme des Januar 2018 richteten zusammen oder sogar jeder für sich mehr Schaden an als jeder der Nachfolger.