Das Gefühl für mitteleuropäisches Sommerwetter geht verloren
Nach dem rekordwarmen Juni hat es im aktuellen Monat Juli deutlich abgekühlt, was sich besonders in der großen Nordhälfte Deutschlands bemerkbar macht. Liegen die Temperaturen vorübergehend unter den langjährigen Mittelwerten und werden nicht Tageshöchstwerte von 25 oder 30 Grad erreicht, beginnen bei einigen Menschen schon die Abgesänge auf den gesamten Sommer und Stimmen werden laut, wie schrecklich ungewöhnlich kalt es doch ist.
Wir müssen uns auch in Zeiten des Klimawandels immer wieder klar machen, dass wir in Mitteleuropa leben, wo sehr wechselhaftes Wetter die Normalität darstellt. Ein Wechsel aus kalten, warmen, im Sommer auch heißen Wetterphasen, ist das typisch deutsche Klima. Nicht umsonst verbringen seit Jahrzehnten viele Menschen, zumindest die, die eine relativ große Sicherheit für Sonne, Wärme oder Hitze haben wollen, ihren Urlaub südlich der Alpen. Ganz einfach aus dem Grund, weil man in Deutschland auch im Hochsommer vergleichsweise kühles und/oder verregnetes Wetter haben kann. Es gibt keine Garantie für Sonne und 30 Grad. Schauen wir uns die Tageshöchstwerte vom gestrigen 08. Juli 2019 an, so sehen wir eine recht typische Temperaturverteilung in Europa.
Das Wetter kennt kein „normal“, aber wir kennen das Klimamittel
Ich will zunächst ein paar Worte zum Klimamittel verlieren, mit dem wir Temperaturen einordnen und Abweichungen von diesem Mittel angeben. Die aktuelle Referenzperiode ist die von 1981 bis 2010. Aus diesem 30jährigen Zeitraum werden Mittelwerte gebildet, von denen wir dann Abweichungen angeben können. Nun ist es sehr wichtig zu wissen und ich hoffe auch sofort einleuchtend, dass auch dieses Mittel aus dem typisch wechselhaften Wetter gebildet wird: Sowohl kalte Tage, als auch heiße Tage bilden dann beispielsweise den 30jährigen Mittelwert für einen Julitag.
Ich habe unten eine erste Tabelle erstellt mit den Tageshöchstwerten vom 08. Juli 2019 an einigen Wetterstationen. In der dritten Spalte (Klimamittel 08.07.) sehen Sie den 30jährigen Mittelwert für den Tageshöchstwert an der jeweiligen Wetterstation. Dieser wurde aus den Tageshöchstwerten im Zeitraum von 1981 bis 2010 gebildet. Es ist natürlich Quatsch, dass nur dieser Wert als „normal“ angesehen wird und alles was nach unten oder oben abweicht als „nicht normal“. Ganz einfach aus dem Grund, den ich etwas weiter oben bereits beschrieben habe: Auch der 30jährige Mittelwert setzt sich aus kalten und heißen Tagen zusammen.
Wir sehen in der Tabelle zunächst mal, dass es am 08. Juli 2019 an allen ausgewählten Orten beziehungsweise Städten eine negative Abweichung vom Mittelwert gab. Es war also „zu kalt“! Ich mag dieses „zu kalt“ oder „zu warm“ allerdings überhaupt nicht. Denn da wären wir wieder beim Zusammensetzen des Mittelwertes aus ebenfalls Abweichungen nach unten und nach oben. Es war besser gesagt: Kälter als im Klimamittel.
Da das Gejammer vielerorts sehr groß war, wie schrecklich und ungewöhnlich kalt es doch sei, habe ich für den 08. Juli einfach in der gleichen Tabelle einen Tageshöchstwert von 30 Grad angenommen. Bei diesen Temperaturen würden wohl viele davon ausgehen, dass es genau das typische Juliwetter ist. Allerdings sehen wir deutlich: Die Abweichungen vom Klimamittel sind bis auf Berlin (meist deutlich) größer, als am 08. Juli 2019 (Tabelle oben).
Halten wir fest: Ein Tageshöchstwert von 30 Grad Anfang Juli, ist insbesondere in Norddeutschland, mindestens genau so „normal“, wie ein Tageshöchstwert zwischen 16 und 20 Grad. Die Abweichung vom Klimamittel ist hier bei 30 Grad sogar größer!
Es folgt eine weitere Tagesauswertung für den 25. Juni 2019, als es verbreitet in Deutschland sehr heiß war. Vergleichen Sie bitte die Abweichungen in dieser Tabelle mit denen aus der ersten Tabelle vom 08. Juli 2019. Wenn etwas ungewöhnlich ist, dann diese enormen Abweichungen bei der Hitze am 25. Juni und nicht die des kalten Tages am 08. Juli. So war es auch kein Wunder, dass der Juni 2019 in Deutschland der wärmste seit Beginn regelmäßiger Aufzeichnungen 1881 war.
Temperaturabweichungen Europa
Vom ECMWF Wettermodell wird die Abweichung der Temperatur berechnet. Wir sehen unten links die Karte für Dienstag um 17 Uhr und rechts die Berechnung für Donnerstag um 17 Uhr. In Deutschland wird sich die negative Abweichung in den kommenden Tagen reduzieren, der „Tiefpunkt“ ist also schon erreicht. Sie finden alle Karten übrigens hier:
Ihre Ortsvorhersage mit 14 Tage-Trend
Um Ihnen einfach mal zu zeigen, wie die Karte am oben bereits erwähnten 25. Juni 2019 ausgesehen hat, habe ich diese aus dem Archiv herausgesucht. Vergleichen Sie einfach mit der aktuellen Situation oben und es dürfte klar werden, was wirklich ungewöhnlich war. Sicher nicht die aktuelle Witterung.
Juli 2019 bisher mit großen Unterschieden von Norden nach Süden
Für eine Bilanz ist es an einem 09. Juli natürlich viel zu früh, aber unten in der Tabelle einfach der Zwischenstand für den aktuellen Monat mit folgender Situation: Im Süden gibt es zum Klimamittel 1981 bis 2010 leicht positive Abweichungen, je weiter nach Norden, desto häufiger gibt es recht deutliche negative Abweichungen. Allerdings stehen uns noch zwei Drittel des Monats bevor und ich würde wetten, dass auch im Norden das Mittel noch anziehen wird bis zum Monatsende.
Kaum ist es kalt: „Wo bleibt denn der Klimawandel?“
Diese Frage kam schon vermehrt im Mai, wo es nach 13 (deutlich) überdurchschnittlichen Monaten und gefolgt vom wärmsten Juni seit Messbeginn einen einzigen unterdurchschnittlichen („zu kalten“) Monat gab. Natürlich kommen diese Leute auch jetzt wieder und fragen ganz stolz, wo denn der Klimawandel bleibe. Man muss fairerweise aber auch erwähnen, dass die andere Seite nicht besser ist. So werden mittlerweile auch kalte Wetterlagen, wie im Mai 2019, regelmäßig von der Panikfraktion ganz sicher dem Klimawandel zugeschustert.
Wir müssen sachlich bleiben und uns an die Fakten halten. Unten in der Tabelle sind die Abweichungen im Deutschlandmittel für alle Monate seit 2010 aufgeführt, die ein klares Bild zeigen. Wenn Sie mehr zur Temperaturentwicklung in Deutschland seit den regelmäßigen Aufzeichnungen 1881 wissen wollen, dann empfehle ich Ihnen diesen Beitrag mit vielen Grafiken.
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