Am Samstag erste energiereiche Gewitterlage möglich
Am Freitag wird sich die Großwetterlage über Mitteleuropa umstellen, wenn deutlich wärmere Luft aus Osteuropa heranweht. Diese wird aber auch feucht und labil sein, sodass sich am Samstag die erste Gewitterlage für dieses Jahr in einer sehr energiereichen Luftmasse einstellen könnte.
Natürlich sind es zum aktuellen Stand noch fünf Tage bis Samstag und wir brauchen da nicht ins Detail gehen. In den nächsten Tagen werden sich die Meldungen bestimmt überschlagen und es wird wie immer einen medialen Run geben wer die stärksten und schlimmsten Unwetter ankündigt. Wir sinds gewohnt. Dennoch lohnt sich bereits jetzt ein nüchterner und panikfreier Blick auf die Wettermodelle, da der Großteil der Berechnungen von den Strukturen sehr ähnlich ist. Und fünf Tage sind ja auch keine Glaskugel mehr, da darf man bedenkenlos einen ersten Blick drauf werfen. Wir werden hier also ganz sicher nicht klären, ob es in Köln, Berlin oder München ein Unwetter geben wird, sondern lediglich die mögliche Wetterlage mit Unwettergefahr am Samstag für Deutschland grob erläutern. Wo es im Endeffekt genau krachen wird, ist sowieso erst sehr kurzfristig mit dem Radar und dem Stormtracker absehbar – schauen Sie sich dafür hier um:
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Voraussichtliche Großwetterlage am Samstag
Wir sehen auf der Karte unten die aktuell vom ECMWF Wettermodell berechnete Großwetterlage für den Samstag. Das steuernde Tiefdrucksystem wird auf dem Nordatlantik vor den Toren Europas liegen und eine Art Tiefdruckrinne bildet sich über Südeuropa bis nach Südosteuropa. Über Nordeuropa baut sich dagegen eine Hochdruckbrücke auf und wir in Deutschland liegen genau dazwischen. Das bedeutet für uns eine östliche bis südöstliche Strömung mit der sommerliche warme und feuchte Luft heranweht. Die Tageshöchstwerte werden sich meist (je nach Bewölkung) zwischen 25 und 30 Grad bewegen.
Tiefdruckrinne und labile Gewitterluft
Werfen wir einen genauen Blick auf Deutschland. Nördlich der Alpen soll sich ein flaches Tief bilden, dass in einer Tiefdruckrinne mündet, die sich über weite Teile Deutschlands erstreckt. Wir haben es also nicht mit stabilem Wetter oder einem Hoch zu tun. Die rechte Karte zeigt den Parameter CAPE des ECMWF Modells (Erklärung siehe unten). Abgesehen vom äußersten Norden und Nordosten wird energiereiche und explosive Luft gerechnet, die aber alleine noch nicht für starke Gewitter ausreicht. Zumindest ist die Atmosphäre schon mal geladen, es ist ordentlich Dampf hinter – wahrsten Sinne des Wortes!
Diese spezielle Unwetterparameter „CAPE“ zeigt die verfügbare konvektive potenzielle Energie. CAPE bedeutet „convective available potential energy“, übersetzt „konvektiv verfügbare potentielle Energie“. Einfach gesagt handelt es sich bei diesem Parameter um die Energie, die einem möglichen Gewitter zur Verfügung steht. Hohe Werte deuten auf starke Gewitter und Unwetter hin, allerdings können in Ausnahmefällen auch bei niedrigen Werten, wenn andere Faktoren stimmen, starke Gewitter auftreten. CAPE alleine ist allerdings keine Garantie für Gewitter! Lediglich die Energie, die bei auftretenden möglichen Gewittern zur Verfügung steht, kann abgeschätzt werden. Wird im Modell Niederschlag und viel CAPE gerechnet, ist die Wahrscheinlich für starke Gewitter und Unwetter deutlich erhöht.
Stabiler Nordosten und Konvergenzen
Der dunkelgrüne Bereich in der Karte mit CAPE (siehe oben) im Nordosten erklärt sich durch das dortige Einfließen stabilerer Luftmassen von der Ostsee her. Zumindest wird das aktuell sowohl vom ECMWF (linke Windkarte) als auch vom GFS (rechte Windkarte) für Samstag so berechnet. Und man sollte auch die Möglichkeit einplanen, dass sich die stabilere Luft am Rande des Skandinavienhochs viel weiter nach Südwesten durchsetzt und die Gewitterluft nur im Südwesten und Süden bestimmend ist. Auch das wäre natürlich möglich und würde im Großteil Deutschlands die Lage deutlich entschärfen!
Im übrigen Land hätten wir die geladenen Gewitterkanone mit der energiereichen und schwülen Luftmasse. Hier zeigt sich bei genauem Hinsehen auch keine klare Windrichtung sondern viel mehr ein Durcheinander. Das liegt daran, dass innerhalb der oben genannten Tiefdruckrinne Konvergenzen entstehen – der Wind strömt hier zusammen. Diese Konvergenzen kommen dann in Frage für die Auslösung von teils kräftigen Gewittern. Ebenso natürlich die gesamten Mittelgebirge und die Alpen, an denen es ebenfalls „zünden“ kann.
Wenig Höhenwind – lokal heftiger Starkregen möglich
Unten sehen wir die Vorhersagekarten für die Windgeschwindigkeit in ca. 3 km Höhe (links) und ca. 5,5 km (rechts). Mit etwa 10 bis maximal um 30 km/h wird der Höhenwind sehr schwach berechnet und genau an diesem Höhenwind orientieren sich die Gewitter. Die Karten geben uns also den Hinweis, dass einmal entstandene Gewitterzellen nur langsam ziehen oder im dümmsten Fall ortsfest bleiben können.
In Kombination mit der energiereichen und sehr feuchten Luftmasse, ist das natürlich eine brisante Mischung. Durch Gewitter kann es bei dieser Kombination zu heftigem Starkregen und Sturzfluten kommen, die logischerweise sehr eng begrenzt sind. Auch größerer Hagel und große Hagelansammlungen wären denkbar.
Unwetterlage natürlich noch nicht sicher – Hinweise sind aber da
Wie eingangs bereits geschrieben, soll das hier nur ein erster Hinweis sein. Selbstverständlich kann es noch Änderungen in der Wetterlage geben und die energiereiche Luftmasse Deutschland gar nicht erfassen – auch wenn das aktuell recht einheitlich simuliert wird und ich die Wahrscheinlich deutlich unter 50% sehen würde, dass am Samstag in Sachen Gewitter gar nichts passiert. Das ECMWF gibt auch im signifikanten Wetter deutliche Gewittersignale (rosa) – Karten dazu hier:
Wir sehen unten das Ensemble aus 50 verschiedenen Berechnungen – ich habe einfach mal Bielefeld herausgesucht. Gezeigt sind 50 Lösungen für den Parameter CAPE (wir erinnern uns weiter oben). Ab Samstag bis in die kommende Woche hinein gibt es deutliche Zuckungen beziehungsweise Ausschläge. Ein weiteres Zeichen, dass da was im Busch sein könnte und zwar auch über mehrere Tage mit Unterschiedlichen Schwerpunkten in Deutschland. Sie können das auch für ihren Ort nachsehen:
Hinweis für die Küsten, speziell die Ostseeküste: die aus Osteuropa kommende feucht-warme Luft könnte über der Ostsee riesige Seenebelfelder bilden, die zahlreiche Strände in ein kühles Dauergrau hüllen.
Gruß
Thomas
Schöne Analyse. Danke Fabian.