Entstehung und Resultate des vielen Regens der letzten Tage
Heute ist Mittwoch der 19. August. Seit vier Tagen ist nur ein Wort in den Wetter-News zu vernehmen: Luftmassengrenze. Ich glaube, alle haben mittlerweile verstanden, was es damit auf sich hatte 😉 Wir lassen die Entwicklung nochmal kurz Revue passieren und zeigen die stärksten Regenmengen.
Ende letzter Woche hatten wir eine dicke Warmluftblase über dem südlichen Mitteleuropa mit Temperaturen weit über 30 Grad am Donnerstag und auch noch am Freitag, selbst in Deutschland.
Vom steuernden Höhentief über Island kapselte sich ein Randtief sowohl in der Höhe als auch am Boden ab. Das waren nur schwache Tiefs mit wenig Gradient, sprich wenig Luftdruckunterschieden. Die Luft war energiereich mit viel Potential, sodass es viele einzelne Schauer und Gewitter gab. Währenddessen schob sich von Süden über die Alpen bereits am Samstagabend der erste skalige Landregen:
In der Nacht zum Sonntag bildete sich dann die Luftmassengrenze aus. Ausgehend von dem Höhentief schob sich eine Zunge kalter Luft über Westeuropa ins südwestliche Deutschland, währenddessen die heiße Luft aus Osten nicht so einfach vertrieben werden konnte, da ein kräftiges Hoch über Skandinavien über Osteuropa für Ostwind sorgte – womit die Heißluft eben weiter in den Osten Deutschlands geblasen wurde. Alles trägt zur Ausbildung dieser Luftmassengrenze bei. Bis zum Montag hat sich dann von der Nordsee bis nach Tschechien eine schmale Tiefdruckrinne ausgebildet – Folge der Hebungsvorgänge an der Luftmassengrenze. Noch aus der vergangenen Woche hatten wir einen riesigen Batzen Feuchtigkeit über uns liegen, der mit südöstlicher Strömung aus dem Mittelmeerraum genährt wurde. Nun muss sich nur noch kalte Luft unter warme schieben – oder warme auf kalte, und ab geht die Luzie. Hier die Radarbilder von Montagabend und Dienstagnachmittag:
(Es folgt etwas Geschwafel, aber durchaus wissenswert, wer keine Zeit hat, scrollt direkt nach unten zu den Regenmengen)
Zwei Gegenfragen: Warum gerade warm über kalt und nicht umgekehrt? Warme Luft hat eine geringere Dichte als kalte, steigt deshalb auf. Gott sei Dank ist das so, denn sonst hätten wir es nicht warm. Denn: Die Luft, die wir einatmen, erwärmt sich nicht etwa durch die Sonne (nur minimal und dann auch nur deshalb, weil irgendwelche Partikel sich in der Luft erwärmen), sondern vom Boden aus! Die kurzwellige Sonnenstrahlung knallt auf den Boden, der wandelt das Ganze in langwellige Wärmestrahlung um und gibt es wieder ab (klar, auch der Boden hat keinen Bock auf Hitze). Merke: Umgebungsluft erwärmt sich immer nur von den Gegenständen, die sie umgibt. Wenn ich meine Wohnung inklusive Fußboden Weiß streiche, kann die Sonne rein knallen wie sie will, es bleibt kühl, da das Weiß die Sonnenstrahlen reflektiert und gar nicht erst in Wärme umwandelt. Ach herrje, ich komme schon wieder vom Thema ab.
Zweite Gegenfrage: Wieso setzt sich denn ausgerechnet die warme Luft im Nordosten fest und die kühlere im Südwesten, hätte das nicht umgekehrt sein können? Im Zusammenhang mit dem ergiebigen Regen und im Sommer: nein. Da sich Tiefdruckgebiete auf der Nordhalbkugel immer entgegen des Uhrzeigersinns drehen, wird die kalte Luft quasi gegen die Warme eingedreht, und zwar i.d.R. von Westen/Nordwesten her (woher auch sonst, in Europas Osten ist es zu trocken, im Süden zu warm). Wir hören zwar oft, dass es „im Südwesten / am Oberrhein am wärmsten“ ist, während die Ostseeurlauber noch frieren, dazwischen kann es auch regnen mit einer Warmfront. Allerdings würde das Ganze nie so stationär ablaufen, sondern sich fortbewegen. Außerdem wäre sowas eine ganz andere Wetterlage als die aktuelle. Wir halten fest: Eine derart stationäre Luftmassengrenze mit ergiebigem Regen, der aus Südosten kommt (was alleine schon viele verwundert hat), muss warme Luft im Osten von kühlerer Luft im Westen trennen. Andersherum geht sowas gar nicht, denn dann müsste das steuernde Tief über Nordosteuropa liegen, der Regen umgekehrt ziehen und warme Luft aus Nordwesten kommen und die kühlere aus Osten. Im europäischen Sommer quasi unmöglich, Ozean im Nordwesten kann nicht mehr Wärme abgeben als das Festland im Osten; prinzipiell aber eben im Winter möglich, dass diese Luftmassengrenze eben die eisige sibirische Kaltluft von der milderen Atlantikluft trennt.
(fertig geschwafelt)
Zurück zu unserer Luftmassengrenze. Nun begab es sich also, dass es dann ab Montag entlang der Tiefdruckrinne mit der südlichen Höhenströmung immer wieder geregnet hat. Mein Tipp: Klicken Sie mal HIER DRAUF und scrollen Sie beim Datum nach links – Sie bekommen alle 24-stündigen gemessenen Regenmengen der letzten Tage, sogar eine 107 ist dabei. Oder klicken Sie auf Niederschlagssummen 48 h und sehen Sie dieses beeindruckende Komposit aus Radardaten und Messwerten mit klaren Kanten der Regenmengen!
Nachfolgend mal einige der größten Mengen der vergangenen Tage, die im Zusammenhang mit Gewittern, Schauern und dem ergiebigen Landregen von Sonntag bis Dienstag zustande kamen, zum Teil deutlich mehr als durchschnittliche Monatsmengen:
107 Liter Gilserberg-Moischeid (HE) am Sonntag
97 Liter Mannsfeld-Annarode (ST) am Sonntag, hinzu kommen nochmal 42 Liter am Montag
84 Liter Eschwege (HE) am Sonntag
79 Liter Badewitz bei Zerbst (ST) am Montag und Dienstag
78 Liter Dresden-Strehlen (SN) am Montag und Dienstag
75 Liter Soltau (NI) am Montag und Dienstag
66 Liter Belm (NI) am Sonntag
Ein Letztes hab ich noch: Schauen Sie in die Pfalz oder nach Brandenburg und stellen Sie fest, dass in den letzten 30 Tagen dort der Regen vergessen wurde.
Dankeschön!
Bitte gerne!